Der 11. September, ein schwarzer Tag im Gedächtnis der Mormonen
Für große Aufregung im Mormonenstaat Utah sorgte bereits die Ankündigung und der Trailer des Spielfilms „September Dawn“, der ab dem 24. August 2007 in den Kinos der USA anlief. Eifrig ist man vonseiten dieser Glaubensgemeinschaft bemüht das historische Ereignis, das dem Film zu Grunde liegt, herunter zu spielen, da jetzt eine alte Wunde wieder aufzubrechen droht.
Der 11. September, der Schicksalstag für die Amerikaner im Jahre 2001, war schon vorher in der Geschichte der USA belastet. Am 11. September 1857 kam es zur bis heute zweitgrößten Katastrophe in den Staaten: Das Mountain-Meadows-Massaker.
Im Sommer 1857 sammelten sich mehrere kleinere Einheiten von Aussiedlern aus Arkansas und Missouri zu einem großen Treck, um gemeinsam nach Kalifornien zu ziehen. Nachdem sie erfolgreich die Prärie überquert hatten, erreichte diese überaus wohlhabende Wagenkolonne mit etwa 50 Männern und ihren Familien die Mormonenmetropole Salt Lake City, um dort Station zu machen, Vorräte aufzufüllen und geschwächte Tiere auszutauschen. Diese Menschen wussten aber nicht, dass sie einen denkbar schlechten Zeitpunkt erwischt hatten.
Das dort in Utah lebende Mormonenvolk versuchte unter der Leitung ihres Propheten Brigham Young ein eigenes Reich aufzubauen, einen Gottesstaat, was bei der US-Regierung großes Unbehagen auslöste. Weil nun die Mormonen ihr eigenes Gesetz machten und die Vielehe praktizierten, gab es zwischen ihnen und den Vereinigten Staaten einen Konflikt, der dazu führte, dass der Mormonenprophet das Kriegsrecht aussprach. Währenddessen marschierten die US-Truppen auf das Salt-Lake-Tal zu.
Die Mormonen verkündeten in ihrer Religion die Vielehe als Voraussetzung für die höchste Herrlichkeit im Jenseits, weshalb sie und vor allem die führenden Personen fleißig Frauen sammelten. Hierbei wurden vorherige Eheschließungen oft missachtet, als nicht von Gott eingesetzt angesehen, und somit nahmen sich die Mormonenmänner oft verheiratete Frauen. Diese Tatsache führte zur Ermordung des Mormonenapostels Parley P. Pratt in Arkansas durch den sich rächenden Ehemann, dessen Frau sich Pratt an Land gezogen hatte. Da dieser Mord von der Justiz in Arkansas als gerechtfertigt angesehen wurde, ließ es die Wut der Mormonen gegen den Staat Arkansas hoch kochen.
Der Gründerprophet Joseph Smith und sein Bruder Hyrum wurden 1844 in Carthage, Illinois, von einem Pöbelhaufen ermordet. Ferner wurden die Mormonen schon vorher aus Missouri vertrieben, und es gab einen heiligen Racheschwur, den alle Mormonen damals in den Tempeln leisteten, nämlich, jeden zu töten, der etwas mit der Ermordung der Märtyrer zu tun hatte.
In diesen aufgebrachten Haufen religiöser Fanatiker hinein zogen diese Aussiedler aus dem „verhassten“ Staat Arkansas und der „verhassten“ Bevölkerung des Staates Missouri. Schon während die Aussiedler über die Rocky Mountains ins Tal kamen, predigte Brigham Young machtvoll gegen den Feind U.S.A. und verkündete, dass er bisher alle Aussiedler beschützt hätte, die durch Utah zogen, dass er aber jetzt die Indianer loslassen und die Aussiedler ihrem Schicksal überlassen würde.
Nun nahm das Schicksal der Aussiedler seinen Lauf. Man verweigerte ihnen jede Hilfe, verkaufte ihnen keine Lebensmittel und schikanierte sie auf ihrem ganzen Weg. Bis sie schließlich in den Mountain Meadows zur Ruhe kommen und ihr Vieh grasen lassen konnten.
Währenddessen organisierten sich die ortsansässigen Mormonenführer mit den Indianern zusammen, um diese Aussiedler auf Befehl von oben zu vernichten. Nach etwa einer Woche der vergeblichen Belagerung und des ständigen Beschusses der Wagenburg wurde den Aussiedlern eine Falle gestellt. Sie glaubten bis dahin an einen Überfall der Indianer, da die Mormonen auch als Indianer bemalt und verkleidet waren. Nun traten einige Mormonenführer in normaler Kluft unter Verwendung der „Friedensfahne“ als Retter in Erscheinung. Sie gewährten ihnen freies Geleit, wenn sie ihre Waffen ablegen würden. Zu Fuß in einer Kolonne marschierten sie nun los, Frauen und Kinder voran, die Männer, jeweils einen bewaffneten Mormonen an ihrer Seite, marschierten hinterher. Während diese Menschenschlange an Gebüsch vorbeikam, wurde das Kommando gegeben und jeder Mormone erschoss den neben sich gehenden Aussiedler. Die Indianer sprangen aus dem Gebüsch und töteten Frauen und Kinder. Nur 17 kleine Kinder ließ man am Leben, weil sie das Alter der Verantwortlichkeit nicht erreicht hätten, und somit bei den Mormonen als unschuldig galten, und sie durften nach ihren Geboten kein unschuldiges Blut vergießen. Ein Hohn!
Ungefähr 120 Männer, Frauen und Kinder wurden dort abgeschlachtet. Ihre Besitztümer wurden unter den Indianern und den Mormonen aufgeteilt. Nun begann eine der größten Vertuschungsaktionen dieser Kirche. Alle Beteiligten wurden unter feierlichen Gelöbnissen eingeschworen, nichts über diese Ereignisse zu erzählen und alles den Indianern zuzuschreiben. Bis heute kann man in den Büchern dieser Sekte lesen, dass die Indianer für dieses Massaker verantwortlich seien. Nun wird dieser Film „September Dawn“ diese alte Wunde wieder aufreißen und eine öffentliche Debatte anheizen, zu Ungunsten der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“. Nicht, dass man vergangene Fehler nicht vergeben sollte, aber schmerzlich ist für die Nachkommen dieser Opfer und ihrer Verwandten, dass diese Mormonenkirche bis heute jede Verantwortung für diese Gräueltat leugnet und nicht dazu stehen will, obwohl die Tatsachen sehr gut dokumentiert sind, u. a. durch das schriftliche beeidete Bekenntnis des Anführers des Massakers John D. Lee.
Manfred Trzoska |